đŸ”« DIE DREI-TAGE-MORD-GESELLSCHAFT

Titel: Die Dreitagemordgesellschaft
Autorin: Colleen Cambridge

Murder at Mallowan Hall — so lautet der englische Titel, und er klingt fĂŒr Christie-Fans doch gleich viel gewohnter.
Diesmal ist es jedoch nicht Miss Marple, die ermittelt, auch ist es nicht der kluge Belgier mit dem eleganten Schnurrbart, nein, es ist Agatha Christies HaushÀlterin.

🔖 Inhalt:
Die Ausgangslage ist schnell erzĂ€hlt: In der Bibliothek von Mr und Mrs Mallowan (so hieß Christie nach ihrer erneuten Heirat) liegt eine mĂ€nnliche Leiche, in deren Hals ein FĂŒllfederhalter steckt. Eine Tatsache, die fĂŒr Phyllida Bright nicht gerade erfreulich ist, denn: „Die Flecken auf dem Teppich zu entfernen wĂŒrde zwei Stunden Arbeit erfordern, und dann brĂ€uchte er noch Zeit zum Trocknen, bevor man ihn wieder in die Bibliothek legen könnte. Und sie wollte gar nicht daran denken, wie lange es dauern wĂŒrde, die Blutspritzer von den BĂŒchern und der Tapete zu entfernen.“ Und das, wo gerade so viel zu tun ist fĂŒr die ĂŒberaus zahlreiche Dienerschaft, denn die Mallowans haben GĂ€ste im Haus. Da sich die Polizei nicht gerade als hilfreich herausstellt, bittet Phyllida ihre Arbeitgeberin, den Mord aufzuklĂ€ren. Doch Agatha Christie stellt fest: Ein echter Mord sei doch etwas gĂ€nzlich anderes als eine erfundene Kriminalgeschichte. Zumal sie ohnehin genug mit dem Mord auf dem Papier zu tun habe, fĂŒr den sie sich immer die frĂŒhen Stunden freihĂ€lt, denn ein Kapitel tĂ€glich muss sie schaffen, selbst wenn GĂ€ste im Haus sind. Also muss Phyllida – eine glĂŒhende Verehrerin des Hercule Poirot (ach, gĂ€be es ihn doch nur wirklich!) – selbst ermitteln. Bald steht ihr dabei der ungehobelte Chauffeur zur Seite, der seit neuestem in der Garage der Mallowans anzutreffen ist. Doch ganz unverdĂ€chtig erscheint Phyllida selbst dieser nicht â€Š

💬 Meine Meinung
Colleen Cambridge spielt in ihrem Krimi mit diversen Motiven aus den Original-Krimis. So lÀsst sie die fiktive Agatha Christie etwa durch den Mord in ihrer Bibliothek auf die Idee kommen, das Thema in einem ihrer nÀchsten Kriminalromane aufzugreifen.
Auch stilistisch Ă€hnelt der vorliegende Krimi sehr den Originalen. Unaufmerksam ĂŒberfliegen darf man das viele GeplĂ€nkel nicht, da sich in jedem Satz ein Hinweis verstecken könnte. Die FĂŒlle des Personals im Hause Mallowan ließ mich gerade im ersten Drittel so manches Mal zurĂŒckblĂ€ttern (Wer war jetzt nochmals wer?), erst als der Krimi Fahrt aufnahm, bin ich in die Handlung hineingekippt. 

Wer Christie (noch immer) in Textform liebt, wird auch dieses Buch lieben, denn es bedient sich desselben Humors, ist Ă€hnlich aufgebaut, sogar die erklĂ€rende Rede gibt es am Schluss. Mir persönlich ging es mit “Die Dreitagemordgesellschaft” allerdings Ă€hnlich wie es mir mittlerweile auch mit den Christie-Romanen geht. Ich mag sie am liebsten als Hör-CD, wenn die HĂ€nde beschĂ€ftigt sind und ich so richtig entspannen will. Ich liebe auch diverse Verfilmungen – Sir Peter Ustinov hĂ€tte ich mir sogar als Butler gut vorstellen können! 😉 –, nur beim Lesen merke ich, dass ich trotz der Spannung schnell ungeduldig werde, was wahrscheinlich daran liegt, dass mir die menschlichen Schicksale, die Geschichten hinter dem Motiv fehlen. (Wie etwa im Kansas Komplott, der, obwohl er ein reiner Unterhaltungsroman blieb, sehr in die Tiefe ging.)
Am interessantesten in “Die Dreitagemordgesellschaft” fand ich die Arbeitsbeschreibungen der Dienerschaft. Ob die Mallowans selbst so viel Personal hatten? Wer weiß. Aber in manchen HĂ€usern wird es wohl so gewesen sein. Jetzt weiß ich, dass es z.B. einen eigenen Destillationsraum gab, in dem Waschmittel, Seifen und diverse Öle und WĂ€sserchen mittels Kaltdestillation hergestellt wurden, und dass die meisten Hausangestellten nicht vor Mitternacht ins Bett kamen. ErschĂŒtternd eigentlich, vor allem, wenn wir im Buch der zwölfjĂ€hrigen Opal begegnen, die sich freut, als SpĂŒlerin eine Anstellung gefunden zu haben und es kaum fassen kann, dass sie das Recht auf zwei Paar Schuhe hat. Aber auch dieses Schicksal wird – wie so viele – nur in ein paar NebensĂ€tzen erzĂ€hlt. So bietet der Krimi zwar eine FĂŒlle von Menschen und deren Leidenschaften, letztendlich aber bleibt selbst die Gesellschaftskritik nur an der OberflĂ€che, denn es geht allein um das “Wer war es?” – und das darf man bei einem Christie-Roman natĂŒrlich nicht zu frĂŒh erraten. 

Die nĂ€chste Geschichte dieser Art werde ich dennoch wieder als Hörbuch hören – denn alle paar Jahre ĂŒberfĂ€llt mich eine eigenartige „Christie-Hörbuch-Handarbeits-Phase“. Und dann darf es sehr gern eine Fortsetzung von Colleen Cambridge sein!

in einer Lesejury-Runde gelesen

Titel: Die Dreitagemordgesellschaft
Autorin: Colleen Cambridge
Übersetzung aus dem Englischen: Angela Koonen
Verlag: LĂŒbbe
Publikationsjahr: 2022
ISBN: 9783785728192

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